Frozen Shoulder (Schultersteife): Hilfe bei adhäsiver Kapsulitis
Es ist eine der schmerzhaftesten und langwierigsten Schultererkrankungen: die Frozen Shoulder (med. adhäsive Kapsulitis). Betroffene erleben, wie ihre Schulter über Monate hinweg erst schmerzhaft „einfriert“ und dann extrem unbeweglich wird. Das Anziehen einer Jacke oder das Greifen nach einem Gegenstand wird unmöglich.
Die klassische Medizin rät oft zu Geduld und Schonung. Wir sagen: Gezielte Dehnung und Bewegung (statt Schonung) sind der Schlüssel, um die Schultersteife zu lösen. In diesem Beitrag erfährst du, wie eine Frozen Shoulder entsteht und welche Übungen helfen.
Möchtest du mehr über die Zusammenhänge von Schulter- und Nackenschmerz erfahren? Hier geht es zu unserem Ratgeber Schulter-Nacken-Schmerzen.
Wann du bei Schulterschmerzen SOFORT zum Arzt musst (Red Flags)
Eine Frozen Shoulder ist langwierig, aber nicht gefährlich. Es gibt jedoch Warnsignale, die auf einen Notfall hindeuten. Suche sofort eine Notaufnahme auf, wenn Folgendes auftritt:
- Schmerzen nach einem Unfall oder Sturz (Verdacht auf Knochenbruch oder akuten Sehnenriss).
- Plötzliche, unerträgliche Schmerzen mit Fieber, Schüttelfrost oder starkem Krankheitsgefühl (Verdacht auf bakterielle Gelenkinfektion).
- Kompletter Kraftverlust (Unfähigkeit, den Arm zu heben).
- Starke Schmerzen, die in den linken Arm, den Kiefer oder den Oberbauch ausstrahlen, begleitet von Atemnot oder Engegefühl in der Brust (Verdacht auf Herzinfarkt – Notruf 112!).
Die 3 Phasen der Frozen Shoulder
Die adhäsive Kapsulitis verläuft typischerweise in drei Phasen, die sich über Monate oder sogar 1-2 Jahre erstrecken können:
- Phase 1: Die „Einfrierphase“ (Freezing Stage)
Beginnt oft schleichend mit Schmerzen, besonders nachts. Die Beweglichkeit nimmt langsam, aber stetig ab. Diese Phase ist stark entzündlich und sehr schmerzhaft. - Phase 2: Die „Gefrorene Phase“ (Frozen Stage)
Die Schmerzen lassen oft nach, aber die Steifigkeit erreicht ihr Maximum. Die Schulter ist „eingefroren“, besonders die Außenrotation (Arm nach außen drehen) und Abduktion (Arm zur Seite heben) sind kaum noch möglich. - Phase 3: Die „Auftauphase“ (Thawing Stage)
Die Beweglichkeit kehrt langsam von selbst zurück, da die Entzündung abklingt und die Kapsel sich lockert.
Warum „Schonung“ das Problem verschlimmert (Die L&B-Sicht)
Die klassische Therapie rät in Phase 1 oft zu Ruhigstellung und Kortison, um die Entzündung zu stoppen. Aus der Sicht von Liebscher & Bracht ist das kontraproduktiv.
Unsere Beobachtung: Die Ursache ist oft eine langjährige muskuläre Dysbalance (Verkürzung der Brustmuskeln durch Büroarbeit, siehe Impingement). Diese Spannung reizt das Gelenk.
- Der Patient spürt den ersten Schmerz (Phase 1).
- Aus Angst „etwas kaputt zu machen“, beginnt er die Schulter zu schonen.
- Der Körper reagiert auf die fehlende Bewegung, indem er die Gelenkkapsel (die Hülle um das Gelenk) „verklebt“ und schrumpfen lässt, um das ungenutzte Gelenk zu „sichern“.
Die Schonung treibt die Verklebung (Adhäsion) also aktiv voran. Der Schlüssel ist, trotz Schmerz (im tolerierbaren Bereich) die volle Beweglichkeit zu signalisieren.
2 Sofort-Übungen bei Frozen Shoulder
Diese Übungen müssen extrem sanft, langsam und nur bis zur Schmerzgrenze (Wohlfühlschmerz) ausgeführt werden. Das Ziel ist nicht Kraft, sondern Beweglichkeit.
1. Das Pendeln (Traktion für die Kapsel)
- Stelle dich neben einen Tisch und stütze dich mit der gesunden Hand darauf ab.
- Lasse den schmerzhaften Arm (die „Frozen Shoulder“) entspannt nach unten hängen.
- Beginne nun, deinen Oberkörper sanft vor und zurück oder in kleinen Kreisen zu bewegen, sodass der Arm passiv (wie ein Pendel) mitschwingt.
- Führe dies 1-2 Minuten durch.
Wirkung: Der Armkopf wird durch die Schwerkraft sanft aus der Pfanne gezogen (Traktion), was die verklebte Kapsel leicht dehnt und entlastet.
2. Wand-Klettern (Beweglichkeit wiedererlangen)
- Stelle dich seitlich (oder frontal) zu einer Wand.
- Beginne mit den Fingern der betroffenen Hand auf Hüfthöhe an der Wand „hochzukrabbeln“.
- Gehe nur so hoch, wie es der Schmerz zulässt.
- Halte den höchsten schmerzfreien (oder leicht ziehenden) Punkt für 30-60 Sekunden und atme tief.
- Versuche, Millimeter für Millimeter höher zu kommen.
Wirkung: Du trainierst aktiv die Abduktion (seitliches Heben) und Flexion (Heben nach vorn) und signalisierst dem Gehirn, dass diese Bewegung noch gebraucht wird.
Diese Übungen sind der Schlüssel, um die „Auftauphase“ (Phase 3) drastisch zu beschleunigen und die Verklebungen zu lösen. Bei einer Frozen Shoulder sind die Spannungen jedoch oft so extrem, dass eine manuelle Therapie (Osteopressur) nötig ist, um die muskulären „Bremsen“ im Gehirn zu lösen.
Dieser Artikel erklärt die Phasen der Frozen Shoulder. Detaillierte Erklärungen zu verwandten Themen wie Impingement oder Nackenschmerz (die oft die Ursache sind) findest du in unserem Haupt-Ratgeber zu Schulter- und Nackenschmerzen.
Was du sonst noch tun kannst
- Kälte oder Wärme? In der akuten Entzündungsphase (Phase 1, wenn die Schulter heiß ist) kann Kühlen helfen. In der steifen Phase (Phase 2 & 3) hilft Wärme (Wärmflasche, heißes Bad) exzellent, um das Gewebe vor den Dehnübungen weicher und nachgiebiger zu machen.
- Geduld: Eine Frozen Shoulder ist die langwierigste aller Schultererkrankungen. Tägliches, sanftes Dehnen ist wichtiger als intensives Training.
Genug gelesen und die Schulter geschont?
Schonung ist der Grund für die Verklebung. Aktive, sanfte Bewegung ist die Lösung. Finde alle Übungen und Tipps zur Selbsthilfe in unserem großen Haupt-Ratgeber.
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